
Fröhliches Seilhüpfen. One, two, Freddy’s coming for you. Brauner Schlapphut.Eins, zwei, Freddy kommt vorbei. Rot-grün gestreifter Pullover. Drei, vier, schließ ab deine Tür. Brandnarben im Gesicht. Fünf, sechs, jetzt holt dich gleich die Hex‘. Rechts ein Handschuh. Sieben, acht, schlaf nicht ein bei Nacht. Klingen an den Fingern. Neun, zehn, wir woll’n nicht schlafen gehen. – Weiter noch? „Elf, zwölf, Angst und Schrei und Not; dreizehn geht nicht mehr, denn dann sind wir tot.“ Ende. Würde noch passen, ist aber unbedarft hinzu gedichtet. Bei zehn steht im Kinderlied die Uhr. Totenstille. Und das Licht geht aus.

Die Weltpremiere von A Nightmare on Elm Street (Nightmare- Mörderische Träume) fand 1984 in Bayern auf den Internationalen Hofer Filmtagen statt; Schwerpunkt dort ist zwar alljährlich neben vereinzelten ausländischen Produktionen vor allem der deutsche Film, aber Wes Craven’s Version vom schwarzen Mann, der seine Mörderklauen in junges, unverdorbenes Menschenfleisch schlägt, ließ alle im Regen stehen, die wohlerzogen ihre Intellektuellenbrillen aufgesetzt hatten. Die fielen von den Nasen, Freddy alias Robert Englund kam, erschreckte, jagte, kriegte, killte. Alle. Er war der Star, wurde global berühmt, galt und gilt als Schauer-Ikone, die in den Folgejahren in acht Fortsetzungen (letzte: 2003: „Freddy vs. Jason“, 2010: „A Nightmare on Elm Street“, Remake von Teil 1 mit Jackie Earle Haley anstelle von Englund als Krueger) das Furcht-Podium bestimmte. Freddy, der Anti-Held, einer der ersten großen „Teenie-Slasher“ (= Schlitzer) in den Fußstapfen von Jason Voorhees („Freitag, der 13.“, 1980) und Michael Myers (1978, „Halloween – Die Nacht des Grauens“, 1978), ein mordendes Monster, spontan erschaffen, als Regisseur Wes Craven einen Kaffee trank und Zeitung las. Ganz normal soweit, das machen wir alle. Und mit etwas Glück lesen wir (vielleicht) auch mal was gut Brauchbares. Wie die Story über einen jungen Mann, der ständig von furchtbaren Albträumen geplagt wird, davon erzählt, weiter ungern träumt und sich grausig quält, bis er im Schlaf verstirbt. Aus. So war das, so gefiel es Craven. Er dachte sich den Kindermörder Freddy Krueger aus und benannte ihn nach einem Jungen aus seiner Schulzeit, der ihn als Kind geärgert hatte. Die Grundidee: Wer vom bösen Freddy träumt und im Schlaf von ihm getötet wird, stirbt gleichzeitig auch in der Realität. Simpel, aber schrecklich unschön, fies krank und effektiv.

Ursprünglich schuf Wes Craven als geistiger Vater Freddy Krueger ohne eine in sich abgerundete Geschichte. Das änderte sich, Freddy bekam ein Leben davor, das bei seiner unter (natürlich) unheilvollem Stern stehenden Geburt beginnt: Seine arme Mutter war die Nonne Amanda Krueger, die man irrtümlich in einem Turm einsperrte, der ein Unterbringungsort für gefährlich Geisteskranke war, die sie misshandelten. Amanda überlebte knapp, wurde schwanger und bekam einen Sohn: Frederick Charles. Sein späterer Stiefvater schikanierte ihn, seine Mitschüler quälten ihn, die Kinder riefen ihm „Sohn von hundert Irren“ hinterher. Freddy litt fürchterlich unter Ablehnung, Abscheu und Aggression, wurde psychisch krank. Sehr krank. Er entwickelte sich zu etwas durchweg Schlechtem. Kalt, unbarmherzig, Und bösartig. Als Kind tötete er grundlos und auf grausame Art Tiere, als Erwachsener entführte er zwanzig Kinder der Bewohner aus der Elm Street in der fiktiven Stadt Springwood, brachte sie in das Kraftwerk, in dem er mal gearbeitet hatte, tötete alle und verbrannte die Leichen. Nach seiner Verhaftung kam er aufgrund eines gewaltigen Justizirrtums frei, wurde dann umgebracht von den völlig entsetzten, wutentbrannten Anwohnern, die sein Haus ansteckten. Er verbrannte. Seine Knochen versteckten die Rächer in einem Sack in einem roten Cadillac auf dem Schrottplatz. Doch Freddy kam wieder. Viel schlimmer, da unfassbarer im doppelten Sinn.

In seinem Albtraumdasein aber, das keine Naturgesetze kennt, ist Freddy übernatürlich stark und mächtig. Er kann übelste Illusionen erzeugen, Groteskes, Ekeliges, Böses, Angstmachendes herbei holen. Seine Kraft holt er sich aus dem Glauben an ihn. Skeptiker und tapfere Ignoranten schwächen ihn. Wer sich allerdings ziemlich sicher ist, dass Freddy existiert oder zumindest echt sein könnte und das anderen auch noch erzählt, hat im Regelfall nicht die besten Karten. Das Mitteilungsbedürfnis in solchen Fällen ist höchst verständlich, die anschließende Extrem-Nervosität ist obligatorisch: Man erfährt, dass dieser grauenhafte Mann mit eindeutigen Tötungsabsichten auch in den Träumen der anderen auftaucht, – ergo keine bloße Spinnerei -, und dann wird man noch von den Eltern darüber aufgeklärt, dass es den Kerl tatsächlich gab. Gibt. Und dann sterben die Freunde. Das ist (schon) Horror. Der nicht verachtet wird. Der durchaus gut ist und der als Markenzeichen einwandfrei gemocht wird. Freddy Krueger, eine skurille Persönlichkeit mit zynischem Humor, Freude an Qual, Schreien und Sadismus, der pointierte Einzeiler von sich gibt, während er die Messer wetzt, ist bekannt und beliebt wie eine Pop-Ikone.

copyright by Karin Reddemann
erschienen unter www.phantastikon.de
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