

Das klingt fürchterlich gut vertraut. Das istRosemary’s Baby, genial geschrieben von Ira Levin, veröffentlicht 1967, ein Jahr darauf ebenso genial auf die Leinwand gebracht von Roman Polanski. Das Lied wurde eigens für den Film komponiert von Krzyystof Komeda, es singt die junge, zarte, süße Mia Farrow, der die Titelrolle in einem großartigen und vor allem zeitlos guten Reißer mit phantastischen Horror- und Thrillereffekten den Durchbruch in Hollywood brachte.
Klappe fällt, Kamera läuft und zeigt, wohin die finstere Gasse führt. Ins Unheil. Stimmt im Regelfall. In der Verfilmung des Romans steuert der Zuschauer direkt aus Manhattans sattem Leben pur ein dunkles herrschaftliches Gebäude an, Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaut, ein geheimnisvolles, von der Zeit gezeichnetes Original inmitten von unverbrauchten Wolkenkratzern, deren Geschichten noch geschrieben werden müssten. Wenn jemand sie irgendwann mal erzählt, wie es Broadway-Autor Ira Levin (1929 – 2007) für das Bramford-Haus (im Buch/Film) alias Dakota-Building an der Ecke 72nd Street und Central Park West in New York getan hat: Es wurde zum Schauplatz einer weltberühmten Schauermär, die satanischen Celluloid-Schockern wie Der Exorzist (1973) undDas Omen (1976) die Düster-Bühne freigab.

Das diabolische Verschwörungskomplott, dem Rosemary Woodhouse (Mia Farrow) zuerst noch unwissend, dann mehr und mehr ahnend ausgesetzt ist, das sie fast um den Verstand bringt und dem sie sich letztendlich beugt, die Situation akzeptiert, ihre Mutterrolle annimmt und damit auch ihrem Glauben abschwört, wird meisterhaft von Irvin erzählt. Roman Polanski hielt sich sehr genau an die Romanvorlage, und insofern stimmt auch wirklich alles: Das Ambiente, den Flair, die Atmosphäre liest, spürt, sieht, fühlt, erfährt man, das kommt tatsächlich so herüber, wie die Lektüre es vorzeichnet, um ausgemalt zu werden. Bevorzugte Farben: Schwarz-Grau-Weiß. Natürlich. Rot wird nur gedacht als gewisperter Name eines Albtraums, der die Bedrohung um eine realistische Ecke kommen lässt, die sich in einem gegenwärtigen Manhattan, nicht in einem mittelalterlichen Dorf befindet. Der Schrecken spielt sich direkt vor der Nase ab, – könnte er zumindest -, das macht das Ganze so beklemmend. Immer noch sehr zeitgemäß formuliert steht im Rowohlt-Filmlexikon: „Roman Polanskis raffinierte Filmsatire spielt effektvoll mit traditionellem Aberglauben und Wahnvorstellungen sowie modernen Formen von Hexenjagd, Psychoanalyse und Horrorliteratur. Ein exzellentes Kinovergnügen.“ Dem ist nicht zu widersprechen.
Der „Evangelische Filmbeobachter“, der erstaunlich ehrlich wohlwollend kritisiert(e), nennt den Film „brillant gefertigten Horror abergläubischen Einschlags“, sagt weiter: Die Geschichte ist offensichtlich durch die biblischen Berichte von der Jungfrauengeburt inspiriert, doch lässt sie sich nicht kurzerhand als Lästerung abstempeln.“

Der gebührt zweifelsfrei auch dem Prachtbau in der 72nd Street Nähe Central Park, – klingt ja nun wahrlich herrlich -, dem Dakota-Bulding mit seinem tatsächlichen Who-is-who? an Bewohnern: Die Schauspieler Boris Karloff, Judy Garland, José Ferrer und Lauren Bacall, Witwe von Humphrey Bogart, wohnten dort, ferner der Schriftsteller Charles Henri Ford, der Boxer Mills Lane, der Komponist Leonard Bernstein, der Musiker Sting, der Tänzer Rudolf Nurjew. „Beatles“ John Lennon wurde 1980 vor dem Eingang des Dakota ermordet, seine Frau Yoko Ono lebt dort immer noch. 1978 erschoss der Oscar-Preisträger Gig Young („Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß“, 1969) zuerst seine Frau und danach sich selbst in seiner Wohnung im Dakota.
Ira Levin, übrigens auch Verfasser von „Die Frauen von Stepford“ (zwei Verfilmungen, 1975 und 2004) quartiert im umbenannten Haus, in dem etliche Szenen des Films gedreht wurden, illustre Horror-Mieter wie die dem Kannibalismus frönenden Trench-Schwestern ein. Dass diese zwei Damen aus der viktorianischen Zeit mit Vorliebe für Kinderfleisch und Hexenmeister Adrian Marcato (tatsächlich der Vater von Roman Castavet) nebst weiteren dunklen Gestalten und etlicheny Selbstmördern dort gelebt und gewirkt haben, erzählt Hutch im Buch/Film, ein guter alter Freund von Rosemary und Guy: „Im Laufe der Jahre passierte im Bramford mehr als genug an hässlichen und widerlichen Geschichten. Und nicht alle in der fernen Vergangenheit. 1959 fand man ein totes Kind, in Zeitungen gewickelt, im Keller.“
Hutch rät dringend von dem Einzug ab und muss letztendlich als Mann, der zu viel wusste, sterben. Das Bramford-Haus als gruseliger Tatort für noch Bevorstehendes ist damit definitiv eröffnet, zu spät für Rosemary, dass Hutch ihr vor seinem plötzlichen Tod noch ein aufschlussreiches Buch zukommen lässt, dass ihren schlimmsten Verdacht besiegelt: Sie trägt den Sohn Satans aus, sie weiß, was das bedeutet, nimmt sich vor, ihn zu töten. Entscheidet um. Schließt ihn in ihr Herz. Und Amen vor umgedrehtem Kreuze. „»Komm, Andy«, sagte sie. »Lach einmal! Komm, Andy-Candy.«
Der Japaner glitt mit seiner Kamera nach vorn und machte in rascher Folge ein paar Aufnahmen.“
Und Rosemary summte. Lullaby. Ein Lächeln für die Welt.
copyright by Karin Reddemann
erschienen unter www.phantastikon.de
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