
Draculea, der „Sohn des Drachen“, ergo Vlad, der Echte, sprich Tepes, der Pfähler, hat ganz furchtbare Dinge getan. In Dracula Untold, obgleich nicht ganz so böse, hätte er sich vermutlich hier und da wohlwollend wiedererkannt. In Bram Stoker’s Dracula (1887), wenn auch gleichsam inspiriert vom blutrünstigen Rumänen und weltweit (noch!) bekannter durch die Verfilmungen mit Maestro Christopher Lee, im grundsätzlich Offensichtlichen doch eher nicht. Das sind zwei Geschichten. Streng genommen natürlich drei.

Und hier kommt Stoker ins finstere Spiel, das er so vortrefflich beherrscht: Er knüpft an der beschlossenen Endgültigkeit der ganzen Sache an und bringt Vlad/Dracula als ungeschlagenen König aller zukünftig folgenden Blutsauger der Horror-Popkultur zu Papier.
Tatsächlich fiel Vlad III. bei einem letzten großen Aufstand gegen die Osmanen auf dem Schlachtfeld. Sein Kopf, in Honig konserviert, wurde dem Sultan geschickt, und der spießte ihn nach alter Väter Sitte auf einen langen Stock und zeigte ihn stolz seinem johlenden Volk. So soll das gewesen sein. Und das klingt auch nachvollziehbar für eine wahrlich ruppige Zeit, in der abgehackte Köpfe als ultimativer Beweis für die Erledigung lästiger Feinde galten.
Vlad III. freilich, Herrscher über die Walachei mit einigen kriegsbedingten Unterbrechungen, war den Türken bis zu seinem Tode nicht nur lästig, er wurde sein Leben lang gefürchtet als einer der unbarmherzigsten Herrscher des ausgehenden Mittelalters. Wobei seine Grausamkeit für die damaligen dunklen Tage keine ungeheuerliche Seltenheit war. Zimperlich ging niemand mit dem anderen um, und Vlad war eben einer der ganz Harten, der radikal gegen Abtrünnige und Oppositionelle vorging.
Im Kampf Bezwungene ließ er in der Hauptsache pfählen, eine Hinrichtungsmethode, die er von den Osmanen kannte und die mit einem sehr qualvollen, langsamen Sterben verbunden war. Details mögen hier erspart bleiben, nur soviel: Auch beim Pfählen gibt es Unterschiede, und da ist einer scheußlicher und abartiger als der andere. Mindestens 80.000 Menschen soll Draculea sich auf diese Weise aus dem Weg geräumt haben, humanistische Zeitgenossen schreiben, – dem Buchdruck (Gutenberg) hatte 1450 die Stunde geschlagen -, von „Wäldern aus Pfählen“:
„Er verursachte mehr Schmerz und Leid als sich selbst die bluthungrigsten Peiniger der Christenheit wie Herodes, Nero, Diocletian und alle anderen Heiden zusammen vorstellen konnten.“
Krass geurteilt. Alles wahr? Tatsache bleibt, dass Vlad III., der durchaus als Nationalheld gesehen wird, Massen umgebracht hat, um seine Ziele wie Kontrolle, Ordnung, Zucht zu erreichen. Überall herrschte Krieg, überall wurde verwüstet, vernichtet, gemordet für eigene Zwecke. Die des transsilvanischen Fürsten, der als großzügiger Förderer von Klöstern und Kirchen galt, waren vom Grundsatz her durchaus respektabel: Seiner umsichtigen Strenge wird zugeschrieben, dass Korruption und Verbrechen während seiner Regierungsphase(n) deutlich abnahmen, auch, dass Handel und Kultur wieder blühten.

Ob Vlad sich nun wirklich an seiner Grusel-Szenerie, – überall Pfähle mit Sterbenden und Toten -, maßlos ergötzt hat, wie es hier und da geschrieben steht, oder ob er sie als belehrende und mahnende Notwendigkeit betrachtete, die keine Kompromisse erlaubt, kann so wohl nie beantwortet werden. Und ob das nun ganz konkret so stimmt, dass Dorfbewohner Zeugen waren, wie…
„…Vlad aus einer Schar Zigeuner auswählte, sie braten ließ und dann die übrigen zwang, sie zu essen; Mütter mussten ihre Kinder verspeisen, Männer die Brust ihrer Frauen.“ (Flugschrift)
Eine Horrorgeschichte bleibt das. So (schlimm genug) oder so (definitiv grauenvoll).

Anders auch der Vlad in Dracula Untold. Da werden starke Schlachtszenen gezeigt, Fledermäuse machen im Sinn des Erfinders absolut Ernst und Luke Evans in der Rolle des Fürsten ist gut gewählt. Aber es fehlt diese gewisse Stoker-Romantik. Und die fehlt nun erst recht, wenn man sich Vlads wirkliche, – mal mehr, mal weniger wahre -, Geschichte vornimmt. Da bleibt am Ende nur ein klangvoll-sinnvoller Trost, die Liebe ist’s, und dabei bleibt es hier denn auch:
„Why think separately of this life than the next, when one is born from the last?
Time is always too short for those who need it, but for those who love, it lasts forever.“ (Dracula Untold)
copyright by Karin Reddemann
erschienen unter www.phantastikon.de
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